07/04/2023 • 6 min gelesen

Das Second-Life-Programm von Haworth

Kreislaufwirtschaft durch Partnerschaften

Die Zitate in diesem Artikel stammen aus einem Interview mit Bernardo Silva von Haworth International. Bernardo ist Mitglied des Finanzteams von Haworth International. Er koordiniert ein Pilotprogramm zur Analyse von Haworths Initiativen für ein zweites Leben seiner Produkte in den Regionen EMEA und Asien-Pazifik. Das Gespräch fand am 19. Januar 2023 statt. 

Second-Life-Programme und Kreislaufwirtschaft im Produktdesign

„Es gibt nur einen Planeten Erde, aber bis 2050 werden die Menschen auf der Welt so viel konsumieren, als gäbe es drei.“

Die erste Zeile des EU-Plans für Kreislaufwirtschaft formuliert die globale Herausforderung, der wir uns gegenübersehen, mit klaren und ernüchternden Worten. Anstelle des heute vorherrschenden schädlichen linearen Musters des „Nehmens, Herstellens, Verwendens und Entsorgens“ legt der Plan einen Rahmen für eine nachhaltige, kreislauforientierte Produktgestaltung fest. Zu den Grundsätzen des Kreislaufdesigns zählen „Wiederverwendbarkeit, Aufrüstbarkeit und Reparierbarkeit“.

Die Kreislaufwirtschaft ist ein zentrales Anliegen von Bernardo Silva. „Die Ressourcen auf unserem Planeten sind endlich“, betont Bernardo. Für ihn ist Kreislaufwirtschaft „nicht nur wichtig, sondern unumgänglich“ und er stellt fest, dass wir früher oder später „mit der Wiederverwendung von Ressourcen beginnen“ müssen.

Bernardo ist Mitglied des Finanzteams von Haworth International. In seiner Freizeit surft Bernardo gerne; am liebsten an der Praia do Guincho im portugiesischen Cascais. „Ich liebe es, rauszugehen und in Kontakt mit der Natur und dem Meer zu sein“, erzählt er. Seine Leidenschaft für Naturschutz hat sich auch auf seine Arbeit bei Haworth übertragen, wo Bernardo ein Pilotprogramm zur Analyse der Second-Life-Initiativen von Haworth International leitet.

„Meine Aufgabe besteht darin, zu prüfen, was wir in den einzelnen Ländern getan haben, und dann ein maßgeschneidertes Angebot zu entwickeln“, sagt er. Bei einem Gebiet, das sich von Island bis Neuseeland, von Südafrika bis Japan erstreckt, unterscheiden sich die Programme für ein zweites Produktleben je nach Land und Kultur erheblich. Jeder Markt birgt besondere Herausforderungen – und Chancen.

Mein Lieblingsort zum Surfen ist die Praia do Guincho in Cascais … Ich liebe auch einen anderen Ort im Süden Portugals, wo ich öfters Urlaub mache, nämlich die Praia da Cordoama.

– Bernardo Silva

Second-Life-Programme zielen auf das lokale Schließen von Kreisläufen ab

Die größte Herausforderung bei der Angleichung von Second-Life-Programmen ist offensichtlich: die geografische Lage. Es ist nicht sinnvoll, Möbel an weit entfernte Orte zu transportieren, um sie dort aufarbeiten zu lassen und sie dann für den Verkauf wieder zu versenden. Dies ist ein dringendes Problem für viele Projekte im Asien-Pazifik-Raum; für Märkte wie Singapur und Australien erfordert die Aufarbeitung von Produkten in Haworth-Fertigungsstätten naturgemäß eine lange Rückreise auf dem Seeweg. „Das wäre nicht besonders sinnvoll“, erklärt Bernardo, denn „all die CO₂-Emissionen, die wir während des Prozesses eingespart haben, würden für die Logistik draufgehen.“

Nicht zuletzt wegen solcher logistischen Gründe werden Second-Life-Programme im Idealfall auf lokaler Ebene funktionieren, um Kreisläufe direkt in den jeweiligen Städten oder Märkten zu schließen, wo Haworth International tätig ist. Unsere Produktlebenszyklusanalyse hat ergeben, dass die Logistik für weniger als 6 % der CO2-Emissionen verantwortlich ist - vorausgesetzt, die Transportentfernung beträgt 1000 Meilen (1600 Kilometer) oder weniger. Um die Vorteile des Second-Life-Programms mit den negativen Auswirkungen der Logistik in Einklang zu bringen, zielt Haworth zunächst darauf ab, Second-Life-Programme in einem Umkreis von 1600 km von unseren Produktionsstätten zu unterstützen. Glücklicherweise können die Haworth-Einrichtungen in Portugal und Polen aufgrund der geringeren Entfernungen zwischen den Ländern den größten Teil Europas mit eigener Aufarbeitung versorgen. Im asiatisch-pazifischen Raum umfasst dieser Radius die meisten unserer Verkäufe in Indien und China; für die Märkte, die nicht in diesem Radius liegen, zielt das Pilotprogramm darauf ab, vertrauenswürdige lokale Aufbereitungspartner zu finden.

„Das Ziel ist es, lokaler zu agieren“, sagt Bernard. „Dort, wo wir Werke betreiben, können wir die Aufarbeitung unserer Produkte selbst vornehmen.“ So kann Haworth beispielsweise in seinem Werk in Portugal oder dessen Umgebung in Queluz Produkte erneuern und aufarbeiten. Bereits jetzt werden viele Kernprodukte in Queluz hergestellt, wodurch die Erneuerungs- und Aufarbeitungsprozesse rationalisiert werden. Für Märkte, in denen Haworth keine Niederlassung hat, gilt es, einen lokalen Partner zu finden.

Wie ist es aktuell mit dieser Kombination aus internen Initiativen und lokalen Partnerschaften um das Second-Life-Programm von Haworth bestellt?

„Die Ressourcen auf unserem Planeten sind endlich und ich denke, dass die Kreislaufwirtschaft nicht nur wichtig, sondern unumgänglich ist. Wir müssen früher oder später mit der Wiederverwendung von Ressourcen beginnen.“

– Bernardo Silva

Eine aktuelle Momentaufnahme: Haworth Internationals aktuelle Second-Life-Programme

Die Second-Life-Programme von Haworth International lassen sich derzeit in zwei Kategorien einteilen: Rückkauf/Wiederverkauf und Aufarbeitung. Diese Initiativen für ein zweites Produktleben konzentrieren sich auf die meistverkauften Artikel wie beispielsweise die Zody Arbeitsstühle.

1 – Rückkauf und Wiederverkauf

Im Rahmen des Rückkauf- und Wiederverkaufsmodells kauft Haworth Produkte von einem Kunden zurück. Dieser Rückkauf erfolgt in Form von Gutschriften, die für Produkte von Haworth verwendet werden können. Die zurückgekauften Produkte werden von Haworth oder einem lokalen Partner vor dem Verkauf auf dem Gebrauchtmarkt aufbereitet.

 

2 – Komplettüberholung

Manche Kunden wollen sich nicht von ihren bestehenden Produkten trennen, sondern sie einfach nur komplett überholen lassen. Für diese Kunden führt Haworth oder ein lokaler Partner eine gründliche Reinigung durch, prüft die Produkte auf Probleme und ersetzt alle Komponenten, die ausgetauscht werden müssen. Der Kunde erhält neuwertige Produkte zurück, die bereit für ein zweites Leben sind.

 

 

Die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern bringt zahlreiche soziale Vorteile mit sich

Haworth arbeitet oft mit lokalen Partnern zusammen, um seine Möbel auffrischen oder überholen zu lassen. Auf Märkten, auf denen Haworth nicht über eigene Kapazitäten vor Ort verfügt, sind lokale Partnerschaften eine gute Wahl, da sie nicht nur die Auswirkungen durch die Logistik verringern, sondern auch die Beziehungen zwischen der Bevölkerung vor Ort und dem lokalen Team von Haworth vertiefen. Soziale Eingliederung und Kreislaufwirtschaft sind eng miteinander verbunden: Durch Prozesse der Kreislaufwirtschaft werden häufig neue Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen. Im EU-Plan für Kreislaufwirtschaft ist festgehalten, dass „die Sozialökonomie … eine Vorreiterrolle bei der Schaffung von Arbeitsplätzen im Zusammenhang mit der Kreislaufwirtschaft einnimmt.“

 

So arbeitet Haworth beispielsweise in Frankreich mit Label Emmaüs zusammen, um gebrauchte Zody Stühle wiederaufzuarbeiten. Im Rahmen unserer Kooperation mit Label Emmaüs arbeiten wir mit Menschen zusammen, die weit vom Arbeitsmarkt entfernt sind“, sagt Bernardo. Die Auswirkungen solcher Programme sind weitreichend; die Aufarbeitung eines jeden Zody bedeutet 2,5 Stunden soziale Beschäftigung. Haworth arbeitet mit anderen lokalen Partnern in Frankreich, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden zusammen und ist momentan mit dem Aufbau von Second-Life-Programmen in Polen und Spanien beschäftigt. 

Die Welt ist nicht unerschöpflich

Den Menschen und den Dingen, die wir benutzen, eine zweite Chance geben und somit für eine nachhaltigere Zukunft sorgen

Wie geht es weiter? Wie eine auf Kreislaufwirtschaft basierende Zukunft aussehen könnte

Kurzfristig soll die oben beschriebene Momentaufnahme um weitere Initiativen erweitert werden. Es laufen Bestrebungen für weitere Rückkauf- und Aufarbeitungsprogramme sowie für lokale Partnerschaften – sowohl in Ländern, in denen solche Programme existieren, als auch in Ländern, in denen es noch keine gibt.

Bernardo hat auch Ideen für eine Reihe langfristiger Second-Life-Initiativen.

 

Ausweitung des Second-Life-Programms auf ein größeres Produktportfolio

„Im Idealfall sollte es für die meisten unserer Produkte ein Programm für ein zweites Leben geben“, erklärt Bernardo. Die aktuellen Programme konzentrieren sich naturgemäß auf die Produkte mit den höchsten Stückzahlen, wie etwa die Zody Arbeitsstühle. Bernardo würde die Second-Life-Programme gerne auf den Rest des Portfolios ausweiten, um die Lebensdauer so vieler Produkte wie möglich zu verlängern.

 

Aufarbeitung von Haworth- und Nicht-Haworth-Produkten

Die derzeitigen Programme sind auf Produkte von Haworth ausgerichtet. Bernardo untersucht, wie man das Know-how von Haworth International bei der Aufarbeitung von Produkten anderer Hersteller nutzen könnte, denn Kunden, die die Lebensdauer ihrer Produkte verlängern wollen, kombinieren oft Möbel verschiedener Hersteller.

 

Angebot von Second-Life-Produkten auf dem Business-to-Consumer-Markt

Aktuell konzentrieren sich Second-Life-Programme zur Erzielung eines möglichst großen Effekts auf Produkte in hohen Stückzahlen. Die Hauptpartner sind Unternehmen, die relativ große Mengen an Produkten benötigen. Mit der Ausweitung der Second-Life-Programme hofft Bernardo auch Privatkunden die Möglichkeit bieten zu können, aufgearbeitete Produkte direkt von Haworth zu beziehen.

 

Gemeinsame Gestaltung von Second-Life-Programmen mit unseren Zulieferern

Eine Möglichkeit zur Verbesserung der Lieferkette besteht darin, mit den Herstellern bestimmter Komponenten zusammenzuarbeiten, um Second-Life-Initiativen für diese Teile ins Leben zu rufen. „Wir sind bereits mit einigen unserer Zulieferer im Gespräch“, berichtet Bernardo. „Die Implementierung von Second-Life-Initiativen nicht nur für unsere Produkte, sondern auch innerhalb unserer Lieferkette wäre eine tolle Errungenschaft.“

 

Aufbau weiterer lokaler Partnerschaften

Bernardo hofft, nach dem Vorbild der Zusammenarbeit mit Label Emmaüs und anderen lokalen Partnern weitere Beziehungen zu Gemeinschaften vor Ort aufbauen zu können. Mit diesen vertrauenswürdigen Partnern kann Haworth International „Menschen beschäftigen, die weit vom Arbeitsmarkt entfernt sind“, sagt Bernardo. „Auf diese Weise agieren wir nicht nur nachhaltig, sondern auch sozial verantwortlich.“

 

Fazit: Kreislaufwirtschaft ist die Zukunft

Wie auch immer die Zukunft des Produktdesigns aussehen wird, eines ist sicher: Prozesse der Kreislaufwirtschaft gewinnen von Jahr zu Jahr an Bedeutung. Wie viele andere Fachleute bei Haworth International arbeitet Bernardo an der Förderung der Kreislaufwirtschaft, indem er die Weiterentwicklung und den Ausbau von Second-Life-Programmen vorantreibt. 

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